Okulation
Okulation (lat.) = Oculus „das Auge“
Das Okulieren von Rosen, Kernobst und anderen Gehölzen
Die Veredelungs Methode der Okulation ist die meist verwendete Veredelungsart. Sie ist mit etwas Übung schnell, einfach und effizient. Hauptsächlich werden Obst (Äpfel und Birnen) sowie Rosen durch Okulation veredelt. Kirschen werden hingegen meist durch Kopulation veredelt.
Die Okulation und ihre verschiedenen Formen ist eine Veredelungsart, bei der immer ein Auge einer Edelsorte mit etwas umgebender Rinde je nach Methode auf verschiedene Weise unter die Rinde einer Unterlage eingesetzt wird, um eine Edelsorte zu vermehren.
Die wesentlichen Varianten der Okulation sind:
Grundsätzlich ist die Okulation sehr einfach durchzuführen und funktioniert wie folgt:
Der für Okulationen ideale Zeitraum erstreckt sich je nach Art der Pflanzen von Juni bis September. Der Richtige Zeitpunkt ist für viele Gehölze aber im Spätsommer. Sobald der Zeitraum eingetreten ist, sollte veredelt werden, denn je früher das geschieht, desto besser die Anwachsergebnisse.
Drei Kriterien sollten für eine Okulation erfüllt sein:
Die Unterlage muss „lösen“, d.h., wenn man den Veredelungsschnitt durchführt, darf die Rinde nicht am unter ihr befindlichen Holz haften. Das zwischen der Rinde und dem Holz sitzende Kambium sollte in seiner Wachstumsphase und daher weich und ablösbar sein, denn das Auge wird direkt unter die Rinde auf das Kambium bzw. das Holz mit Kambiumschicht aufgesetzt. Bei langanhaltender Trockenheit kann es hier zu Problemen kommen, die durch zeitiges Wässern beseitigt werden können.
Die jungen Jahrestriebe der Edelsorten sollen ausgereift sein. Die daran sitzenden neuen ruhenden Augen sind für das nächste Jahr angelegt. Sie sitzen i.d.R. in den Blattachseln der Triebe. Diese Triebe nennt man Edelreiser. Die Ausreifung geschieht bei den meisten Arten erst im Juli oder August. Will man also früher veredeln, muss man die Edelreiser schon im Vorjahr ernten und kühl, dunkel und feucht eingeschlagen aber pilzsicher lagern (Reiser in feuchte Tücher einschlagen und in Plastiktüte im kalten Kühlschrank lagern).
Das verwendete Messer sollte sehr scharf sein. Profis schleifen ihre Messer auf nahezu Rasierklingenschärfe, denn man will ja nicht an den Pflanzen herumhobeln oder sägen. Glatte saubere Schnitte sind da A und O. Der einfachste Schärfetest ist der Rasiertest am Unterarm. Rasiert das Messer ganz leicht die Unterarmhaare ab, so ist es richtig.
Schnitttechniken der Okulation
Da sich die Schnitttechniken im Einzelnen nach den Methoden der Okulation richten und sich unterscheiden, finden Sie Details zum T-Schnitt und anderen Methoden weiter unten im Text. Wichtig ist immer, dass alle Schnittstellen sauber sein müssen und nicht mit den Fingern oder irgendwelchen Gegenständen in Berührung kommen dürfen, außer der Klinge oder dem Löser des Veredelungsmessers. ...zu den Schnitttechniken
Schnitt der Edelreiser und Augen
Die Augen der Edelsorten werden beim Veredeln im Spätsommer aus den Edelreisern herausgeschnitten und der Unterlage unverzüglich eingesetzt, so dass die Schnittstellen oder das Kambium nicht unter Austrocknung leiden. Bei Rosen ist die richtige Stelle zumeist am Wurzelhals (ggf. auch an anderer Stelle, wie bei Stammrosen auf entsprechender Höhe). Obst wird dagegen auf 10 bis 15 cm über der Erde auf einjährige Triebe veredelt, oder ggf. auch an anderer Stelle. Die Augen wachsen noch im selben Sommer an, normalerweise ohne noch auszutreiben. Bei einigen Arten wird versucht so zeitig wie möglich zu veredeln, damit die Augen noch austreiben, was den Entwicklungsprozess insgesamt beschleunigt. Bei Rosen stammt das Auge beispielsweise von den gerade verblühten oder teilweise noch blühenden diesjährigen Trieben der Mutterpflanzen, die es zu vermehren gilt, und treibt bei Freilandveredelungen normalerweise selten bis gar nicht im gleichen Jahr aus.
Bedingungen für das Anwachsen
Für die gesamte Phase des Anwachsens benötigt das Auge Wasser. Sehr trockene Witterungsverhältnisse erschweren das Anwachsen oder können zum Absterben des Auges führen. Man kann auch hier dem Problem mit ausreichender Bewässerung entgegentreten. Auch eine Harnstoffspritzung (Harnstoff über Kopf düngen) kann hilfreich sein.
Nach rund 14 Tagen sind die Augen angewachsen, sofern ausreichend Wasser zur Versorgung im Boden vorhanden ist und die Temperaturen für die Jahreszeit normal sind.
Das Veredeln
Die Veredelungsstelle wird mit einem Tuch gereinigt und das Auge nach erfolgter Operation mit einem Plastik-Band oder besser mit einer Okulette aus Kautschuk verbunden, damit es nicht austrocknet. Nach erfolgter Überwinterung wird die Unterlage oberhalb der Veredelung abgeschnitten, so dass darunter nur noch das Edelauge sitzt und austreiben kann.
Zeitraum von Aufschulung bis Umpflanzung
Für die Okulation werden die Unterlagen im Herbst oder Frühjahr normal aufgeschult (gepflanzt) und schon im Sommer veredelt. Auch für Hochstammrosen gilt das Gleiche. Das sind Wildrosen-Typen, die als Unterlagen länger kultiviert wurden und an einem Stab befestigt werden sollten. Im zweiten Jahr entwickelt sich dann nur die Edelsorte und die Pflanze kann dann im Herbst oder im Frühjahr herausgenommen und verpflanzt oder verkauft werden.
T-Schnitt und Einsetzten des Auges
Techniken und Schnittarten der Okulation
T-Okulation (T-Schnitt) und Anwendungsbereiche
Schnitt des Auges
Zuerst wählt man ein Edelreis, das nicht zu dünn sein sollte und schneidet ein gut ausgebildetes Auge heraus, indem man unterhalb des Auges ansetzt, unter ihm und bis leicht ins Holz hindurchschneidet. Während man den Daumen auf dem Auge hat und die Klinge noch darunter sitzt, zieht man es dann nach oben hin mit einem längeren Stück der Rinde ab. Noch in dieser Haltung biegt man das obere Ende leicht, so dass der noch darin sitzende Span vom Holz sich löst und der dann entfernt wird. Man kann jetzt quasi von innen unter das Auge schauen. Das vordere Ende des Auges ist oval und am hinteren Ende mit dem Rindenstreifen kann man es sicher halten. Bei Obst befindet sich am Auge oft noch ein Rest des Blattstiels, der das Handhaben erleichtert und belassen werden kann. Er kann später die Anwachskontrolle erleichtern. Nicht auf die Schnittstelle unter dem Auge fassen!
Die richtige Länge des Auges ist bei Obst rund 2 bis 4 cm und bei Rosen 1 bis 2 cm, plus Rindenstreifen, dessen Länge egal ist, da er beim Einsetzen in die Unterlage entfernt wird.
Schnitt an der Unterlage (T-Schnitt)
Während man das Auge mit der linken Hand an dem Rindenende hält oder sich dieses einfach in den Mund steckt, schneidet man nun mit dem Messer an der mit einem Lappen zuvor vom Staub gereinigten Unterlage einen Schnitt in T-Form in die Rinde, welcher der Länge nach zum geschnitten Auge passt. Zuerst erfolgt ein senkrechter Schnitt, dann darüber an dessen Ende ein Querschnitt durch die Rinde bis aufs Holz. Der Schnitt ist richtig, wenn man mit dem Löser des Okuliermessers die Schnittstelle von oben ganz leicht nach links und rechts flügelartig aufklappen kann (hier ist es wichtig, dass die Rinde gut löst und es darunter schleimig ist). Dort hinein kommt das Auge des Edelreises. Es wird mit der ovalen Rundung unterhalb des Auges zu erst eingeführt, bis es sicher und einigermaßen tief in der Schnittstelle unter der Rinde sitzt, und das Auge nur noch leicht durch den senkrechten Schnitt herauslugt. Dort, wo man den Querschnitt des T-Schnitts machte, schneidet man nun den Rindenfaden der ja noch am Auge hängt bündig ab.
Jetzt sitzt das Auge vollständig in der Unterlage und kann mit einer Okulette oder anderem Material, wie Bast oder Folienband verbunden werden. Es soll nicht herausschauen und frei von Hohlräumen auf das Kambium gedrückt werden, da es sonst austrocknen kann. Zudem wird es vor Schmutz und dem Herausfallen bewahrt. Der Vorteil der Okulette ist der, dass sie sich meist im Frühling von alleine verabschiedet, so dass man nicht über den Acker gehen und alle Veredelungsstellen befreien muss.
Position der Veredelungsstelle
Die richtige Stelle für die Okulation ist bei Rosen der Wurzelhals, also am Übergang von oberirdischen Trieben und Wurzel - der Stelle, unter der sich keine Knospen oder Triebe der Unterlage mehr befinden. Um diese Stelle gut zu erreichen, werden Rosen leicht erhöht gepflanzt und mit einem kleinen Wall um den Wurzelhals angehäufelt, der vor dem Veredeln dann wieder abgehäufelt wird, so dass der Wurzelhals freiliegt. Beim Obst wird auf 10 bis 15 cm oberhalb der Erde veredelt. In beiden Fällen kann es auch Ausnahmen geben, wie z.B. bei Stammrosen, die natürlich oben veredelt werden.
Nachkontrolle
Nach 10 Tagen bis drei Wochen kann man eine Erfolgskontrolle durchführen. Bei Okulationen mit Blattstiel erkennt man den Erfolg daran, dass der Blattstil bereits abgefallen oder gelblich und prall ist und sich leicht lösen lässt. Das bedeutet, dass das Auge den Blattstiel auf natürlichem Wege entsorgt hat oder gerade dabei ist und selber aber angewachsen ist und versorgt wird.
Ist der Blattstiel hingegen nicht zu lösen, dünn, braun und eingetrocknet, ist das ein schlechtes Zeichen. Erfolgte die Veredelung zeitig, so dass ein Nachveredeln noch möglich ist, kann man dies jetzt noch nachholen.
Winterschutz der Veredelung
Um die Veredelung bei Rosen vor starken Frösten zu schützen, bietet es sich an, die Pflanzen wieder anzuhäufeln und so die Veredelungsstelle zu bedecken.
Abwerfen der Unterlage
Nach dem Winter wird erneut abgehäufelt und die Unterlagen werden abgeworfen, wie der Gärtner sagt. Das bedeutet, der oberirdische Teil der Unterlage wird noch vor dem Austreiben oberhalb der Veredelungsstelle bzw. über dem Auge abgeschnitten.
Am Ende des Sommers sollte man bei Rosen und unter guten Bedingungen marktfähige Qualitäten erzielt haben.
Umgekehrte T-Okulation
Bei einigen Zitruspflanzen und in Fällen, wo zu befürchten ist, dass Wasser oder Schmutz von oben in die Veredelungsstelle eindringen kann, wird auch eine umgekehrte T-Okulation durchgeführt. Der Querschnitt an der Unterlage wird dann nicht oberhalb sondern unterhalb des Längsschnittes geführt, so das ein auf dem Kopf stehendes „T“ entsteht. Natürlich wird das Auge aber auf die gleiche Weise und keinesfalls umgekehrt in die Veredelungsstelle eingeführt. Allerdings wird der Schnitt am Auge dann nicht von unten, sondern von oben geführt, damit man es von unten in den T-Schnitt sauber einführen kann.
Ringokulation und ihre Anwendungsbereiche
Die Ring-Okulation ist eine sehr alte und sehr einfache Veredelungs-Variante. Die Ringokulation findet vor allem bei Wallnüssen und Esskastanien Anwendung und ist vermutlich die älteste Veredelungsart für (Ess-) Kastanienbäume überhaupt. In Südtirol, wo Maronen, also Esskastanien, in bester Qualität und größeren Mengen angebaut werden, wird das Ringokulieren auch als „Röhrln“ bezeichnet.
Der richtige Zeitpunkt für diese Veredelungsart ist abhängig von der Pflanze, die veredelt wird. Bei Esskastanien liegt der ideale Zeitpunkt im Frühling, wenn die Pflanzen stark im Saft stehen und sich der Rind leicht ab- und aufschieben lässt.
Bei einer erfolgreichen Veredelung treibt das Edelauge schon nach rund zwei bis drei Wochen wieder aus.
Beim Ringokulieren unterscheidet man zwei Varianten.
Variante 1.
Bei der Ringokulation von Wallnüssen wird ein Messer mit zwei Klingen verwendet, die parallel stehen und somit exakt gleich lange Ringe schneiden können. An der Unterlage wird an gewünschter und vom Durchmesser her passender Stelle der gleiche Ring ausgeschnitten und weggeworfen. Der Ring des Edelreises wird an einer Stelle durch einen Schnitt geöffnet und auf die Ring-Lücke der Unterlage gesteckt. Das wird vor allem bei Wallnüssen so gemacht.
Variante 2.
Bei der Ringokulation für z.B. Esskastanien wird das Edelreis oberhalb des Auges abgeschnitten. Die Rinde wird durch drehen mit der Hand von Holz gelöst. Dann wird mit zwei Schnitten ein ganzer Rindenring mit einem einfachen Okuliermesser vom Holz des Edelreises geschnitten und im Ganzen nach oben hin abgezogen (nach unten geht nicht, da das Edelreis dicker wird und der Ring aufreißen und unbrauchbar würde).
Die Unterlage wird passend zum Durchmesser des Rings gewählt und ein Stück weit über der gewünschten Stelle abgeschnitten. Dann wird die Rinde in vier Streifen von oben nach unten hin aufgerissen, so dass das Holz mit dem nassen Kambium freiliegt.
Auf die so vorbereitete Unterlage wird der Ring einfach aufgesteckt und solange weiter nach unten befördert, bis am oberen Rand des Rings der Saft austritt. Dabei darf der Ring keinesfalls reißen. Der Ring mit dem Auge wird entweder mittels der Rindenlappen der Unterlage überlappt oder bleibt frei – die Rindenlappen werden dann abgeschnitten. Ein Versiegeln mit Wachs ist bei der Ringokulation meist nicht nötig.
Verfahrensweise der Ringokulation in Bildern
Platten-Okulation und ihre Anwendungsbereiche
Bei der Plattenokulation wird ähnlich verfahren, wie bei der Ringokulation für Wallnüsse. Es wird allerdings kein Ring sondern nur ein quadratisches Stück Rinde rund um das Auge des Edelreises ausgeschnitten. Auch hier wird wieder mit einem Messer mit zwei Klingen gearbeitet, damit die Stücke genau passen.
Zuerst beginnt man mit der Unterlage, aus der man an gewünschter Stelle ein Quadrat ausschneidet. Dann wird das Auge aus dem Edelreis geschnitten und der Unterlage eingesetzt. Durch die Verwendung eines Zweiklingen-Messers wird die gleiche Größe gewährleistet.
Methoden der Veredelung
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